F.Schult

Die PsychoSoziale Kolumne
 

 

Anders sein und siegen

Haben Sie den ESC gesehen? Ich meine das was früher noch Grand Prix de Eurovision de la Chanson hieß. Ich bin ja ein seit mehreren Jahren begeisterter Zuschauer desgleichen.
Nicht, das ich es früher nicht gehasst habe wenn meine Eltern sich wieder mal diese Schlagerschnulzen angesehen haben. Und egal ob Hitparade oder Grand Prix, in jungen Jahren fand ich das alles schrecklich. Dann schon lieber Disco mit Ilja Richter oder den Musikladen.
Heute jedoch, so mit Mitte Vierzig finde ich den ESC und sogar manche Schlager echt gut.
Am europäischen Gesangsvergleich gefällt mir mittlerweile der große Unterschied der Musikrichtungen der teilnehmenden Länder am besten. Und natürlich Peter Urban, Urgestein des NDR als Kommentator. Skurrile Showeinlagen aus Finnland, Island oder Aserbaidschan, sowie aufwendige und immer atemberaubendere Bühnentechnik runden das ganze für mich ab. Und natürlich die Künstler, jeder auf seine Weise einzigartig und sichtlich stolz darauf für sein Land vor ganz Europa singen zu dürfen.
In diesem Jahr wieder mal ein bunter Mix der verschiedensten Interpreten, mal sehr emotional und leise, dann wieder laut und fast schrill.
Und mittendrin dann die Überraschung aus Österreich, aus dem ersten Halbfinale noch ins Finale rübergerutscht. Ein junger Mann, 25 Jahre alt, mit Vollbart, Echthaarperücke und Abendkleid, sowie dem selbsterwählten Namen Conchita Wurst. Das allein reicht ja schon für viel Aufmerksamkeit. Zu allem Überfluss kann diese Kunstfigur dann auch noch recht gut singen, hat eine gute Darstellungskunst und tritt so selbstverständlich auf wie jeder andere Teilnehmer an diesem Abend. Das, was diesen Menschen ausmacht, ist dann neben allem anderen sicher auch die Selbstverständlichkeit seines Seins und seines Tuns auf und hinter der Bühne. Und neben seinem polarisierendem und vielleicht auch provozierendem Auftritt beweist dieser Künstler Mut und Stärke in dem er zu seinem anders sein steht. In dem er entgegen aller Konventionen und gegen die Meinung vieler seiner Landsleute sein Lied mit seiner Botschaft von Toleranz und Gleichberechtigung zum Besten gibt.
Und der Erfolg gibt ihm Recht, denn am Ende ist er der Gewinner des Abends und holt den Titel für sich und sein Land.
Ich glaube nicht dass an diesem Abend der beste Sänger mit dem besten Lied gewonnen hat, sondern der Künstler der am meisten das auf die Bühne gebracht hat was er wirklich lebt und wovon er überzeugt ist. Er hat sein Ding gemacht, sich nicht von anderen Stimmen beeinflussen lassen und ganz zu sich gestanden. Er war mutig genug auf sich zu hören und seinem Bauchgefühl, seiner inneren Stimme zu folgen.
Denn das ist es was Menschen authentisch macht, was ihnen Glanz und Ausdruckskraft verleiht, und was am Ende sogar glücklich und erfolgreich macht. Kurz gesagt, sich selbst zu leben, mit allem was dazu gehört. Und manchmal auch gegen alle Konventionen.
Und wer weiß, vielleicht steckt ja auch in Ihnen noch ein verborgener Teil der dringend mal gelebt werden will, der nur darauf wartet von Ihnen mutig in den Ausdruck gebracht zu werden.
Probieren Sie es doch einfach mal aus.

Denn: man kann das Leben nur vorwärts leben…

Ihr Frank Schult

 

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